Kirchenmann aus Lippe besucht Truppe im Kosovo

Was ein Bischof ist, wissen Soldaten. Mit dem Titel des Landessuperintendenten war es dann doch nicht so einfach. Vom letzten Donnerstag bis Samstag im Juni hatte Dietmar Arends, Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche sich den Kalender „freigeschaufelt“, um die Truppe im 50. Deutschen Einsatzkontingent KFOR in Prizren im Kosovo zu besuchen. Vor einiger Zeit schon hatte er den Wunsch geäußert, bei der Truppe hinter die Kulissen zu schauen. Schließlich ist die Evangelische Militärkirchengemeinde am Bundeswehrstandort Augustdorf eine lippische Kirchengemeinde. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen, sind doch über ein Dutzend Soldaten und Bundeswehrangehörige aus Augustdorf zur Zeit im Feldlager Prizren im Einsatz. Wo kann man Truppe intensiver erleben als im Einsatz, noch dazu, wenn dieser mit Abstand der längste und wohl auch erfolgreichste in der Geschichte der Bundeswehr ist!

Strammes Programm

Das umfangreiche Programm, das Militärpfarrer Martin Benker und  Stabsfeldwebel Daniel B. vom Team der Militärseelsorge in Absprache mit dem Kommandeur Oberstleutnant Christian Kiesel zusammengestellt hatte, hat ihn nicht abgeschreckt. Gerade angekommen, ging es nach dem Lagevortrag des Kommandeurs an die Wache. Dort gab es angeregte Gespräche mit dem Sicherungszug, schließlich folgte eine lockere Gesprächsrunde mit dem Kommandeur und dem Chef des Stabes. Freitagvormittag verlegten die Augustdorfer Feldjäger mit „ihrem“ Landessuperintendenten zur Diakonie Kosova nach Mitrovica, wo der Leiter Bernd Baumgarten durch die verschiedenen Arbeitsbereiche führte. Dabei faszinierte unter anderem das Jugendzentrum unweit der Austerlitz-Brücke: Dort begegnen sich Jugendliche aus dem mehrheitlich serbischen Teil der Stadt im Norden und Jugendliche aus dem mehrheitlich kosovarischen Teil im Süden bei Tanz- und Mal-Workshops und anderen Angeboten.

Dietmar Arends zeigte sich beeindruckt von der Arbeit der Diakonie. „Ich wusste nicht, dass die Bundeswehr im Einsatz Kontakte zu solchen Initiativen pflegt“. – Für Kontingentangehörige ist es hochinteressant, Initiativen kennen zu lernen, die sich für die Zukunft des Kosovo einsetzen. Die Diakonie Kosova bietet neben dem Jugendzentrum jungen Menschen Ausbildung in verschiedenen handwerklichen Berufen, eine Kita mit Montessori-Pädagogik und ein Traumazentrum. Darüber hinaus gibt es eine Farm, wo Behinderte mit Tieren umgehen und landwirtschaftliche Abläufe kennen lernen.

Der verstorbenen Soldaten gedacht

Nachdem er am Nachmittag mit Angehörigen des Kontingentes eine Andacht zum Gedenken der Verstorbenen durchgeführt hatte, besuchte er die Soldaten bei ihrer Arbeit: Die Feldjäger führten ihm verschiedene Ermittlungstechniken vor, die „MatGruppe“ gab einen Einblick in die logistische Arbeit, Besuche bei der „SanStaffel“, in der Wasseraufbereitungsanlage und in der Feldpost schlossen sich an. Beim bunten Abend in der „Millennium-Bar“ mit Soldaten des Stabes und den Sonntagsgemeinden aus Prizren und Pristina – zu Gast auch österreichische Offiziere und der Leiter des Loyola-Gymnasiums Prizren – gab es nicht nur flotte Musik durch den Feldlagerchor und leckeres Essen aus der Küche, sondern endlich auch die Auflösung des Rätsels, was eigentlich ein Landessuperintendent ist – haben die Zivilen oft so ihre Probleme mit Dienstgraden der Truppe, so jetzt die Truppe mit der „etwas speziellen“ Amtsbezeichnung aus Lippe. Der Hinweis, dass es früher „Generalsuperintendent“ hieß, half da schon weiter. Während der vom Gast aus Lippe spendierten Getränkerunde stellten die Soldaten ihren Fragen „an den Kirchenmann“ direkt und unverblümt – ein Major aus dem Feldlagerchor schloss den Abend als „Satchmo“: „What a wonderful world”. Am Tag darauf zeigten sich die Soldaten von der Begegnung begeistert: „Der Mann war richtig gut drauf“. Dass man eine große Organisation wie die Kirche auch „kollegial“ leiten kann, hat sie fasziniert.
(Martin Benker, MilPfr.)

Titelfoto:
Landessuperintendent Dietmar Arends mit Soldaten und Bundeswehrangehörigen aus Augustdorf. (Text und alle Fotos: mb)

Landessuperintendent Dietmar Arends mit Kommandeur OTL Christian Kiesel und Soldaten des 50. DEU Einsatzkontingentes KFOR während der Andacht am Gedenkstein im Feldlager. (Foto: mb)

Landessuperintendent Arends und Bernd Baumgarten, Leiter der Diakonie Kosova, im Gespräch auf der Austerlitz-Brücke. Im Hintergrund das Jugendzentrum der Diakonie. (Foto: mb)